Zwischen der Tea Party und europäischen Rechtspopulistenparteien sehe ich allerdings noch zwei Unterschiede:
1. Die Tea Party verfügt bereits über mehr institutionelle und mediale Macht als dies für die meisten europäischen Rechtspopulisten gilt. Kandierende für Senatoren- und Gouverneursposten bekennen sich zu ihr, und Fox News scheint nicht nur wegen Glenn Beck zum Haussender der Bewegung mutiert zu sein. Die finanzielle Unterstützung durch die milliardenschweren Koch-Brüder kommt oben drauf. Ein Marsch durch die Institutionen ist gar nicht mehr nötig, weil die Tea Party-Aktivisten bereits drin sind und eigentlich nur noch die Republikaner vor sich herzutreiben brauchen.
2. Zu viele Köpfe, zu viele Freaks, zu viele Themen: Typische europäische Rechtspopulisten haben jeweils nur wenige “Alpha-Tiere” vorzuweisen, die dafür auch dementsprechend dominant auftreten und idR EIN Kernthema, nämlich Migration/Islam ausbeuten. Bei der Tea Party treffen so unterschiedliche Köpfe wie Sarah Palin, Christine O’Donnell, Glenn Beck, Rand Paul und last but not least dessen Vater Ron Paul mehr gegeneinander als aufeinander. Wer Sarah Palin politisch unterstützt, könnte mit Ron Pauls Ansichten erhebliche Probleme haben und umgekehrt
Freaks wie O’Donnell, welche Evolution für einen Mythos, Masturbation für Sünde und Pornokonsum für Ehebruch hält, schaden der Tea Party und sind für viele Frustrierte dann doch eher unwählbar – davon könnten die Demokraten profitieren. Der Gedanke an Sarah Palin als Präsidentschaftskandidatin erschreckt auch so manche republikanischen Strippenzieher.
Ein Fall für sich ist und bleibt Ron Paul, der ua folgende Positionen vertritt:
- sofortiger Abzug aller US-Truppen aus Irak und Afghanistan
- strenge Kontrolle, besser noch Auflösung der Fed
- weg vom Fiat Money, zurück zum Goldstandard des Dollars
- Abschaffung der Einkommenssteuer
- keine allgemeine Krankenversicherung, da diese nur dem medizinisch-industriellen Komplex nütze und das Land noch näher an den Staatsbankrott brächte
- keine staatlichen Schulen
- keine Reglementierung beim privaten Waffenbesitz
- keine strafrechtliche Verfolgung mehr von Drogenkonsumenten
- gegen Abtreibung, aber auch gegen Abtreibungsverbot
- keine weitere Militärhilfe mehr für Israel
Quellen ua: http://dissentradio.com/eg/rp-nyt.html und http://www.campaignforliberty.com/article.php?author=24
Mit einigen dieser Forderungen bringt Ron Paul sicher nicht nur manche seiner republikanischen Parteigenossen, sondern auch die meisten Tea Party-Aktivisten zum Gruseln. Seine libertäre Radikalität hat ihm jedoch eine geradezu glühende Verehrerschaft eingebracht. Die Tatsache, dass er außerhalb der USA immer noch recht unbekannt ist, beflügelt Verschwörungstheorien unter seinen Anhängern drüben, aber auch hüben: Es ist auffällig, dass die empfohlenen Links auf der deutschen Ron Paul-Seite http://ronpaulblog.de/blog/ zu lauter alten Bekannten der VT-/Truther-Szene führen, zB SchallundRauch, Nuoviso TV, Infokrieger, Wirtschaftsfacts. Auf diesen Seiten trifft man ja auch immer wieder auf Verfechter goldgestützter Währungen.